Amt Bornhöved
 

Vorlage - VO/2022/127/06GV  

Betreff: Beratung und Beschlussfassung über die Neufassung der Satzung zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer
Status:öffentlichVorlage-Art:Vorlage
Verfasser:Lea Riecken
Federführend:Fachbereich 1 - Zentrale Steuerung Bearbeiter/-in: Riecken, Lea
Beratungsfolge:
Finanzausschuss der Gemeinde Stocksee Vorberatung
31.05.2022 
Sitzung des Finanzausschusses der Gemeinde Stocksee geändert beschlossen   
Gemeindevertretung der Gemeinde Stocksee Entscheidung
08.06.2022 
Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde Stocksee geändert beschlossen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

  1. Hintergrund:

 

Die bis zum Jahr 2019 von den schleswig-holsteinischen Gemeinden angewendete Berechnungsgrundlage zur Festsetzung der Zweitwohnungssteuer ist nicht mehr rechtmäßig. Die Steuer wurde bislang anhand der mit dem Verbraucherpreisindex hochgerechneten Jahresrohmiete nach den Wertverhältnissen im Jahr 1964 berechnet. Im Jahr 2019 haben sowohl das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG S-H) als auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Anwendung der Jahresrohmiete für Zwecke der Erhebung der Zweitwohnungssteuer verfassungswidrig ist.

 

  1. Entwicklung eines neuen Steuermaßstabes:

 

Das OVG hat in seinem Urteil wenige Hinweise gegeben, wie die Steuer bzw. die Bemessungsgrundlage künftig gestaltet werden könnte. Unter Abwägung der Hintergründe und vor dem Hintergrund eines praktikablen Verfahrens erscheint die Berücksichtigung des sogenannten Flächenmaßstabes als praktikabelster Bemessungsmaßstab für die Neufassung der Zweitwohnungssteuer der Gemeinde Stocksee.

 

  1. Grundlagen für die Berechnung der Steuer nach Neufassung der Zweitwohnungssteuersatzung:

 

Die künftige Berechnung der Steuer erfolgt nach der folgenden Formel:

 

Lagewert (1) x Wohnfläche (2) x Baujahresfaktor (3) x Gebäudeartfaktor (4) x

Verfügbarkeitsgrad (5) x Steuersatz (6)

 

(1)   Der Lagewert stellt die Wertigkeit der Lage des Objektes im Gemeindegebiet dar.

 

Zur Ermittlung des Lagewertes werden die durch den zuständigen Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerte herangezogen, welche für Schleswig-Holstein online dem Digitalen Atlas Nord entnommen werden können. Daten älterer Veröffentlichungszeiträume sind teilweise nicht online zu finden.

 

Nach Auskunft des Gutachterausschusses des Kreises Segeberg kommt es vor allem in ländlichen Gebieten vor, dass nicht der gesamte Ort in sogenannte Bodenrichtwertzonen aufgeteilt wird. Dies hängt damit zusammen, dass zwischen Lagen im Innen- und im Außenbereich unterschieden wird. Im Innenbereich, welcher bewertet wird, sind die tatsächlichen Wohngebiete zu finden. Im Außenbereich befinden sich zumeist Höfe und Grundstücke in Alleinlage. Eine Bewertung der Grundstücke im Außenbereich findet aus unterschiedlichen, nicht näher erläuterten Gründen nicht statt.  Alle derzeit zur Zweitwohnungssteuer veranlagten Steuerobjekte in Stocksee befinden sich im bewerteten Innenbereich.

 

Der vom zuständigen Gutachterausschuss veröffentlichte Bodenrichtwert kann grundsätzlich jedoch nicht 1:1 als Maßstabselement angewendet werden. Da es in unterschiedlichen Bodenrichtwertzonen zu unterschiedlichen Bezugsgrößen (z. B. Grundstücksgröße) kommen kann, muss dies zunächst geprüft und für die jeweilige Gemeinde ggf. die Durchschnittswerte ermittelt werden. Verschiedene Zonen mit unterschiedlichen Bezugsgrößen sind also durch eine Umrechnung („Modifizierung“) vergleichbar zu machen.

 

In Stocksee gibt es für den bewerteten Innenbereich und Wohnbauflächen derzeit nur zwei Bodenrichtwertzonen mit gleichen Bezugswerten (Bodenrichtwert und Bezugsgröße des Richtwertgrundstückes gleich hoch). Ein Vergleich der Zonen und eine Umrechnung der Bodenrichtwerte für die Differenzierung der Lage ist daher derzeit nicht möglich und nötig. Derzeit entspricht der Bodenrichtwert im bewerteten Innenbereich auch dem Lagewert.

 

r die Jahre 2019, 2020 und 2021 ist der Bodenrichtwert auf 55,00 € festgesetzt worden. Für das Jahr 2022 erhöhte er sich auf 60,00 €.

 

Sollten sich im Gemeindegebiet der Gemeinde Stocksee zukünftig Änderungen im Hinblick auf die Bezugsgrößen der einzelnen Bodenrichtwertzonen ergeben, wäre dies entsprechend bei der Berechnung zu berücksichtigen.

 

(2)   Die Wohnfläche wird unter Berücksichtigung der Wohnflächenverordnung ermittelt. Von dieser Verordnung nicht berücksichtigte Räumlichkeiten (z. B. Keller), die zu Wohnzwecken genutzt werden, unterliegen ebenfalls der Besteuerung. Die Größe des Grundstücks wird hierbei bewusst außer Acht gelassen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass lediglich der Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung und nicht der Wert des die Wohnung umgebenen Grundstücks besteuert werden darf.

 

(3)   Bezüglich des Baujahresfaktors gilt: Der Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung wird auch in Abhängigkeit vom Ausstattungsstandard gesehen, der unter anderem dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Baus des Gebäudes geschuldet ist. Dieser wäre im Einzelfall nur mit einem unvertretbaren Aufwand zu ermitteln, weswegen hierzu auf eine Pauschalierung zurückgegriffen wird. Man geht davon aus, dass neuwertige Objekte in der Regel hochwertiger sind als Altbauten.

 

Der Baujahresfaktor, der ein Tausendstel des Baujahres beträgt, sorgt dafür, dass für neuere Objekte geringfügig höhere Steuern erhoben werden, als für ältere Objekte.

 

Sofern eine Kernsanierung des Objektes erfolgte, ist das Jahr der Fertigstellung der Kernsanierung maßgeblich.

 

(4)   Durch den Gebäudefaktor soll berücksichtigt werden, dass in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass freistehende Einfamilienhäuser wertiger sind, als Zweifamilien-, Doppel- und Reihenhäuser, Wohnungen oder Hütten/Katen. Die Differenzierung hat zu erfolgen, da die Gebäudearten etwas über den Wert aussagen und sich so Rückschlüsse auf den zu betreibenden Aufwand ziehen lassen.

 

Nach Auswertung der Erklärungsbögen der Steuerpflichtigen und Vornahme von Probeberechnungen hat sich die nachstehende Unterteilung der Gebäude in der Gemeinde Stocksee ergeben:

 

Gebäudeart

Wertfaktor

Einfamilienhaus

1,2

Zweifamilien-/Reihen-/Doppelhaus

1,1

Wohnungen

1,0

tten/Katen (ganzjährig nutzbar)

0,8

tten/Katen (nicht ganzjährig nutzbar)

0,7

 

Eine Vorgabe für die Faktoren zur Unterscheidung gibt es nicht. Es bleibt abzuwarten, ob die gewählten Differenzierungen gerichtlich anerkannt werden.

 

(5)   Zweitwohnungen werden mitunter auch als Ferienwohnungen vermietet. Der Aufwand entsteht jedoch nur, wenn die Zweitwohnung zur Eigennutzung auch zur Verfügung steht. Die Steuerhöhe wird daher anhand eines Verfügbarkeitsgrades differenziert. Die Faktoren sind zur Vereinfachung anhand eines dreistufigen Modells ausgestaltet worden, welches in der vorherigen Zweitwohnungssteuersatzung in gleicher Höhe die Differenzierung vorsah.

 

(6)   Der neue Steuersatz wurde im Hinblick auf eine Aufkommensneutralität so bemessen, dass das Steuervolumen in etwa gleichbleibt. Die Aufkommensneutralit wird nicht für den einzelnen Steuerpflichtigen herbeizuführen sein. Aufgrund der umverteilten Steuerlast wird es in Einzelfällen zu Steigerungen und in anderen llen zu Senkungen der Steuerlast kommen.

 

  1. Beispielberechnung:

 

Lagewert x Wohnfläche x Baujahresfaktor x Gebäudeartfaktor x

Verfügbarkeitsgrad x Steuersatz = Steuer

 

55,00 € x 121 m² x 1,9 x 1,2 x 100 % x 8,5 % =1.289,34 €

 

  1. Vorgehen zur Umsetzung:

 

Die Steuersatzung soll rückwirkend zum 01.01.2019 in Kraft treten (Ausnahme: bestandskräftige Bescheide). Für die Jahre 2019, 2020, 2021 hat aufgrund der Rückwirkung eine Vergleichsberechnung (Berechnung nach alter Verfahrensweise und nach neuer Verfahrensweise) zu erfolgen. Da ein Schlechterstellungsverbot (§ 2 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz) besteht, dürfen die steuerpflichtigen Personen nicht ungünstiger gestellt werden und der aus der Vergleichsberechnung hervorgehende günstigere Wert ist festzusetzen. Für das Jahr 2022 werden Vorauszahlungen nach neuem Satzungsrecht erhoben. Zukünftig werden alle zwei Jahre nach der Veröffentlichung der aktualisierten Bodenrichtwerte durch den zuständigen Gutachterausschuss die Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungssteuer für die einzelnen Steuerobjekte neu berechnet.

 

Eine Erhebung der erforderlichen Daten der Steuerpflichtigen wurde bereits durchgeführt. Bis auf eine steuerpflichtige Person haben sich alle zurückgemeldet. Mit diesen Daten wurde die Kalkulation des neuen Steuersatzes und alle Beispielrechnungen vorgenommen.

 

Die Satzung sieht nun vor, dass die Steuer künftig nicht mehr für angefangene, sondern nur für volle Kalendermonate zu entrichten ist. Dies ist unumgänglich, da dieses Vorgehen gerichtlich in Sachen Hundesteuer rechtkräftig entschieden wurde, dass für Zeiten (auch Teilmonate), in denen der Steuertatbestand nicht vorliegt, keine Steuer erhoben werden darf.

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Sowohl die Abrechnung der Zweitwohnungssteuer 2019 sowie die Veranlagungen für die Jahre 2020 und 2021 nach Vergleichsberechnung und die Festsetzung der Vorauszahlungen 2022 werden im Jahr 2022 durchgeführt.

 

Hinsichtlich des Steuersatzes bleibt zu entscheiden, in welcher Höhe er tatsächlich festgesetzt wird. Die Kalkulation bezüglich der Aufkommensneutralität wurde der Genauigkeit wegen ohne Rundungen vorgenommen. Ein Steuersatz mit bis zu sieben Nachkommastellen ist jedoch nicht praktikabel.

 

r die Kalkulation berücksichtigtes Aufkommen bisher: 8.834,39 €

 

-          Steuersatz abgerundet ohne Kommastellen:

8 % 8.579,17 €  (- 255,22 €)

 

-          Steuersatz aufgerundet ohne Kommastellen:

9 % 9.651,59 € (+ 817,20 €)

 

-          Steuersatz mit einer Nachkommastelle:

8,2 % 8.793,66 (- 40,73 €)

oder

8,3 % 8.900,91 € (+ 66,52 €)

 

Es ist offensichtlich, dass ein Steuersatz ohne Nachkommastellen das Ziel der Aufkommensneutralität in der Kalkulation nicht trifft. Die Verwaltung empfiehlt daher, einen Steuersatz mit einer Nachkommastelle zu beschließen.

 

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Der Steuersatz wird auf 8 % - 8,2 % - 8,3 % - 9 % festgesetzt.

Die Neufassung der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer wird beschlossen.

 

 

 


Anlage/n:

 

PDF Satzungsentwurf

PDF Berechnung Aufkommensneutralität (Grundlage)

PDF Berechnung 8 %

PDF Berechnung 9 %

PDF Berechnung 8,2 %

PDF Berechnung 8,3 %

 

 

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Satzungsentwurf Neufassung (358 KB)      
Anlage 2 2 Kalkulation Steuersatz (Grundlage Aufkommensneutral) (473 KB)      
Anlage 3 3 Kalkulation Steuersatz (8 %) (577 KB)      
Anlage 4 4 Kalkulation Steuersatz (9 %) (577 KB)      
Anlage 5 5 Kalkulation Steuersatz (8,2 %) (575 KB)      
Anlage 6 6 Kalkulation Steuersatz (8,3 %) (575 KB)